Auch wenn sich der arktische Winterkabeljau nur einmal im Jahr auf den Lofoten zeigt, ist er doch zum unverkennbaren Wahrzeichen der Inseln geworden.
Im hohen Norden der Provinz Nordland dehnen sich die Lofoten-Inseln wie eine Perlenkette ins Europäische Nordmeer aus. Schon seit der Wikingerzeit spielen die Inseln für den Fang des arktischen Winterkabeljaus, auch „Skrei” genannt,eine wichtige Rolle: Einmal im Jahr wandert der skrei, wie er auf Norwegisch heißt, zum Laichen in die Region.
Leben auf den Lofoten
Die Fischindustrie hat die Geschichte der Lofoten stark geprägt und ist für die Menschen, die hier leben, nach wie vor von Bedeutung. Wer eines der zahlreichen Fischerdörfchen wie Reine, Nusfjord, Å oder Henningsvær besucht, kann sich selbst hiervon überzeugen.
Inzwischen ist die Idee, in einer Fischerhütte auf den Lofoten zu übernachten, für viele Reisende der Inbegriff von Urlaubsglück und langen, hellen Sommernächten. Ursprünglich dienten die Hütten als Unterkunft für die Fischer, die sich zwischen Februar und April auf den Inseln aufhielten – zur „lofotfikse“, der Fischfangsaison der Lofoten.
Nusfjord ist eines der ältesten und am besten erhaltenen Fischerdörfer auf den Lofoten. Zwischen 80.000 und 90.000 Besucher kommen Jahr für Jahr allein in dieses Dorf.
Renate Johansen ist in Nusfjord geboren und aufgewachsen. Um ihre jetzige Tätigkeit als Betriebsleiterin anzutreten, zog sie mit ihrer Tochter und ihrer Partnerin Eirin Johansen zurück in ihr Heimatdorf. Eirin ist Hauswirtschafterin und Hausmeisterin.
Renate ist gelernte Köchin. Doch als Leiterin eines ganzen Fischerdorfs muss sie dort aushelfen, wo sie gebraucht wird. Immer wenn der „Alarm“ losgeht, müssen die ran, die gerade zur Verfügung stehen.
„Ich sehe meine Tätigkeit nicht als Arbeit, sondern eher als Lebensweise. Es können ja jederzeit Gäste ankommen. Feierabend um 16 Uhr – das gibt‘s bei uns nicht“, sagt Renate.
Kulturerhalt
Sie wünschen sich eine authentische Lofoten-Erfahrung und möchten das traditionelle Fischerleben kennenlernen? Dann ist Nusfjord eine von mehreren guten Auswahlmöglichkeiten. „In diesen Hütten, von denen einige mehrere hundert Jahre alt sind, haben wirklich mal Fischer gewohnt“, sagt Renate Johansen.
„Wir möchten die authentische Kultur bewahren“, erklärt sie.
Heute hat das Dörfchen 28 ständige Einwohner. Doch in seiner besten Zeit – während der alljährlichen „Lofotfikse‘, der Fischfangsaison – waren auch schon mal 500 Boote und 1500 Männer hier. Seitdem hat sich hier nicht viel verändert.
Der kleine Kramladen von 1907 sieht noch genauso aus wie zu seiner Eröffnung vor über einhundert Jahren. Renates Vater ist in einem „rorbu“, einer Fischerhütte, geboren und aufgewachsen. Außer der Straße nach Nusfjord, die erst in den 1960ern erbaut wurde, ist hier alles genauso wie in seiner Kindheit.
Der Duft des Geldes
Regionaler Fisch ist nicht gleich frischer Fisch. Der norwegische Winterkabeljau wird – wie sein Name erraten lässt – im Winter gefangen.
„Viele nehmen irrtümlicherweise an, dass man hier das ganze Jahr über frischen Fisch isst. Der norwegische Winterkabeljau kommt im Sommer in die Barentssee“, erklärt Renate Johansen.
Wer zu dieser Zeit auf die Lofoten reist, dem wird der intensive Geruch von getrocknetem Fisch nicht entgehen.
„Wir Einheimischen sagen, der Geruch ist gar nicht so schlimm – es riecht halt nach Geld“, lacht sie.
Fischfangfieber
Als Kapitän Jan Martin Johansen zum ersten Mal auf einem Boot anheuerte, hatte er noch nicht einmal mit der Schule begonnen. Heute begleitet Jan Martin zusammen mit Svein Kristiansen Touristen, die ihr Angelglück an Bord des über 60 Jahre alten Fischerboots „Elltor“ versuchen wollen.
Beide Männer haben ihr Leben lang als Fischer gearbeitet. Inzwischen haben sie jedoch den normalen Fischfangalltag hinter sich gelassen und begleiten Angeltouristen auf See hinaus. Laut dem Kapitän dauern die Fahrten aufs Meer drei Stunden und eignen sich für Menschen aller Altersklassen.
„2008 habe ich hier als Skipper angefangen. Für einen Fischer im Ruhestand ist das perfekt“, sagt er mit einem Lächeln.
Ein hartes Leben
„Meine erste Saison als Fischer war 1976. Damals fuhr ich zusammen mit meinem Vater zum Fischen. 1999 übernahm ich mein erstes eigenes Boot“, erzählt der Kapitän des Fischerboots „Elltor“, Jan Martin Johansen.
Früher hatten es Fischer schwerer als heute. Viele verdienten kaum genug zum Überleben, und das Meer nahm viele Menschenleben. Doch das Fischerleben hat eine kleine Revolution durchlaufen, sagt Jan Martin.
Während sein Vater den ganzen Tag am Steuer stand, wird inzwischen alles von Maschinen erledigt. Außerdem erfährt man heute alles, was man wissen muss, vom Bildschirm.
„Die Tage der mühseligen Schinderei sind vorbei“, sagt er.
Sein Kollege Svein Kristiansen nickt zustimmend mit dem Kopf. Er begann 1959 als Fischer, musste jedoch aufgrund einer Verletzung an der Hand im Jahr 1982 aufhören. Seitdem arbeitet er als Hausmeister in Nusfjord.
Versierte Seefahrer
Svein Kristiansen hat so ziemlich alles gefangen, was unter der Meeresoberfläche zu finden ist. Als Fischer und Bauer besaß er einen kleinen Hof, verbrachte jedoch die meiste Zeit auf See:
„Wir sind immer dem Fisch gefolgt, um genug für unseren Lebensunterhalt zu verdienen“, erklärt er.
Nach der Lofotfikse-Saison stand es meistens gut um die Finanzen.
„Nach der Saison fuhren wir im Mai, Juni und Juli in die Finnmark hinaus, um Schellfisch zu fangen. Im Oktober kehrten wir zur Langleinenfischerei in die örtlichen Fischgründe zurück.“
Auch Krabben fing er und war für sieben oder acht Saisons als Walfänger tätig.
„Das war harte Arbeit und lange nicht so komfortabel, wie es heute ist. Es gab keine Dusche oder Toilette an Bord“, erzählt er.
Trotzdem bedeutet das Leben eines Fischers Freiheit, denn du bist immer dein eigener Herr.
„Ich erinnere mich an eine Fahrt Anfang der 1960er Jahre. Wir waren vierzehn Tage auf See und hatten 30 Tonnen Lumb und 150 Heilbutt gefangen, die zwischen 30 bis 200 Kilo schwer waren. Das war sicherlich kein Leben für Computer-Jungs“, lacht Svein.
Geschichte der Lofoten-Inseln
„Die roten Häuser wurden um 1850 erbaut. Das Bauernhaus ist sogar 200 Jahre alt, es stammt aus dem Jahr 1815 oder 1816. Es ist eines der ältesten Häuser auf den Lofoten-Inseln“, erklärt Museumspädagogin und Kuratorin für mittelalterliche Geschichte, Lena Karlstrøm.
Besucher des Lofoten-Museums in Storvågan im Dorf Kabelvåg können einen der am besten erhaltenen Höfe auf den Lofoten besichtigen. Einst gehörte er dem Eigentümer einer Fischfangstation, dem auch das Land des Fischerdörfchens gehörte. Die Hütten vermietete er an die Fischer, erklärt Lena.
Das Land hier steckt ebenfalls voller Geschichte. Dort, wo heute das Lofoten-Museum steht, befand sich die mittelalterliche Stadt Vågar – die erste Stadt Nordnorwegens, deren Spuren bis ins 12. Jahrhundert zurückgehen. Von hier begann der getrocknete Fisch seine lange Reise auf den europäischen Markt. Vågar soll für lange Zeit zu den wichtigsten Handelsplätzen in ganz Norwegen gehört haben.
Alte Herbergen
Im Lofoten-Museum erfahren Sie spannende Fakten über die Geschichte der Fischer, die hier einst lebten und arbeiteten. Außerdem können Sie sehen, wie die Hütten ursprünglich eingerichtet waren.
Die Fischer kamen in offenen Booten hierher. Tausende Männer mussten sich eine Unterkunft auf den Inseln mieten, wo sie in eisigen Winternächten schlafen und sich aufhalten konnten. Oft teilten sich zwölf Männer eine Hütte, die mit vier Etagenbetten ausgestattet war.
Im Museum haben Sie die Möglichkeit, sich die älteste Fischerhütte der Lofoten anzusehen: „Skrovabua“ aus dem Jahr 1797. Die Betten in dieser Hütte sind so kurz, dass an Ausstrecken nicht zu denken war. Trotzdem schliefen oft zwei Männer in jedem Bett.
„Es war normal, im Sitzen zu schlafen“, erzählt Museumspädagogin Lena Karlstrøm mit einem Lächeln.
Seeadler-Safaris in Henningsvær
Rolf Malnes aus Henningsvær bahnt sich seinen Weg bergan und winkt mit einem Fisch, den er in seiner Hand hält. Plötzlich taucht ein dunkler Schatten aus der Felswand hervor. Am Himmel erscheint die Silhouette einer der größten Greifvögel Nordeuropas.
Rolf kennt jeden einzelnen Seeadler, die an den Fjorden um das Fischerdorf Henningsvær leben. Seit 1995 ist er Leiter von Lofoten Opplevelser, eines von mehreren Unternehmen, die Naturabenteuer mit dem RIB (Schlauchboot mit festem Rumpf) anbieten.
Jahr für Jahr begleitet er mehrere tausend Touristen hinaus aufs Meer. Zu den Hauptattraktionen gehört, die unzähligen Seeadler der Region aus nächster Nähe sehen zu können.
„Unser Fokus liegt auf Kultur, Geschichte und der Tierwelt. Die Führung ist ein wichtiger Teil der Erfahrung. Und wir möchten, dass die Gäste auch etwas darüber erfahren, wie unglaublich zermürbend und anstrengend das Leben für die Menschen hier war“, erzählt Rolf.
Neue Industrie
Blitzschnell taucht ein Seeadler vom Himmel in die Tiefe hinab. Mit messerscharfen Krallen und millimetergenauer Präzision greift er den Fisch, den Rolf Malnes ins Wasser in der Nähe des Bootes geworfen hat. Während sich die Weißschwanzadler-Population vergrößert hat, ist die Anzahl der Fischer lange nicht mehr das, was sie mal war:
„1947 lebten in der winterlichen Kabeljau-Fangsaison rund 10.000 auswärtige Fischer in Henningsvær. Es gab 69 Fischanlandungen. Heute sind es nur noch fünf. Trotzdem wächst Henningsvær heute wieder an“, sagt Rolf Malness.
Immer mehr Galerien und Restaurants haben sich in dem alten Fischerdörfchen angesiedelt. Und immer mehr Touristen möchten die beeindruckende Naturkulisse der Region mit eigenen Augen sehen und erleben.
„Die alte Fischerdorfumgebung zu erhalten, ist uns sehr wichtig. Wir hoffen, dass wir noch viele Jahre aus der Kombination von Fischfang und Tourismus leben können“, erklärt Rolf.
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