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Die heilende Kraft einer Pilgerreise

Kann man auf einer Wanderung die Freude am Leben neu entdecken? Kes Blans aus den Niederlanden hatte den Krebs besiegt, aber seinen Glauben an das Leben verloren. Eine Pilgerreise von Oslo nach Trondheim veränderte alles.

„Der ist für mich! Dieser rief irgendwie Hallo! Nimm mich!”, erzählt Kes mit einem frechen Lächeln und hält einen Stein in seiner Hand.

An einem milden Septembertag ist Kes im Dovrefjell-Nationalpark von sanften Hügeln und Wolken umgeben. Der Stein in seiner Hand ist gewöhnlich und grau. Erst als der 37-jährige Niederländer den Stein auf seinen Weg mitnimmt, bekommt dieser eine tiefere Bedeutung.

Kes atmet die frische Bergluft ein und geht weiter. Schritt für Schritt wandert er den Hardbakken-Hügel hinauf zur Spitze von Allmannsrøysa. Hier, auf dem Weg nach Trondheim, hinterlassen zahlreiche Pilger einen Stein – als Symbol für eine Last, die man trägt und ablädt. Bald ist Kes an der Reihe.

Der härteste Kampf

Kes hatte seine letzte Chemotherapie vor anderthalb Jahren. Nachdem er den Krebs besiegt hatte, erkannte er, dass der schwerste Kampf noch bevorstehen würde. Die Krebszellen verschwanden, doch Panikattacken, die Angst des Alleinseins und sogar die Angst vor dem Leben begleiteten nun seinen Alltag.

„Dinge, die mir früher Freude bereiteten, haben mir keine Freude mehr bereitet.”

Er erkannte sich nicht mehr.

Doch dann erhielt er eine Anfrage von Visit Norway: Möchten Sie den 643 Kilometer langen Pilgerweg von den Ruinen des Osloer Klosters zum Nidarosdom in Trondheim gehen? Die Pilgerreise wäre Teil einer Dokumentarserie darüber, wie das Gehen in der Natur und das Sich-Zeit-nehmen für neue Gedanken einen Menschen verändern kann. Vielleicht war das genau, was er brauchte?

„Aber ich hatte keine hohen Erwartungen. Damals hat mich nichts berührt”, sagt Kes.

Die Kunst des Gehens

So findet er sich einige Wochen später in den Dovrefjell-Bergen, 1212 Meter über dem Meeresspiegel – mit einem grauen Stein in der Hand. Er hat es ganz alleine dorthin geschafft und ist müde, aber auf eine angenehme, gute Weise.

In den letzten Tagen wanderte Kes über Felder, durch Wälder und die wunderschönen Kulturlandschaften des Gudbrandsdalen-Tals, entlang von Seen und über Berge. Unterwegs traf er viele wundervolle Menschen. Einige hießen ihn in traditionellen Familienbetrieben willkommen, in denen seit dem Mittelalter Pilger untergebracht sind. Dabei konnte er viel und gut essen, lachen, weinen – und vor allem gehen.

„Gehen ist so eine reine Sache. Du gehst einfach. Von A nach B. Es ist wie Meditation“, erzählt Kes.

In den Niederlanden versuchte er, sich von seinen Gedanken abzulenken. Die Pilgerreise gab ihm Zeit und Raum zum Nachdenken. Und er hatte endlich wieder Gefühle.

„Es war wunderschön. Nach so langer Zeit war es eine große Erleichterung, etwas zu fühlen.”

Er glaubt, dass es die Kombination aus Gehen und Natur war, die seine Sorgen allmählich verschwinden ließ und sein Lächeln zurückbrachte.

Natürliche Heilung

„Ich denke, die Natur hat die Kraft zu heilen. In der Natur ist alles miteinander verbunden. Das gesamte Ökosystem ist von den Ereignissen in der Nähe betroffen. Ich musste an mich selbst denken und an das, was passieren würde, wenn ich nicht mehr hier wäre. Es würde viele Menschen um mich herum betreffen. Ich bin vielleicht nicht Greta Thunberg oder so, aber ich bin trotzdem wichtig.”

Beim Bewundern der Aussicht von Allmannsrøysa bekommt Kes feuchte Augen. Er atmet tief die frische Bergluft ein.

„Ich möchte meine Angst, dass es keine Zukunft gibt, loslassen”, sagt er, als er den grauen Stein zu den anderen legt.

Bis zum Nidarosdom ist es noch ein langer Weg, aber die Schritte sind etwas leichter als zuvor.

Vorankommen

Zurück in den Niederlanden glaubt Kes, dass er einen langen Weg zurückgelegt hat. Er schaffte es zu Fuß den ganzen Weg bis nach Trondheim – ein Erfolgserlebnis. Während der Reise war er besorgt, dass die guten Gefühle bei seiner Rückkehr nach Hause verschwinden würden. Zum Glück war dies nicht der Fall. Auch wenn er nicht zu 100 Prozent erholt ist, fühlt er sich viel besser als zuvor. Vielleicht ist er sogar bereit für die Liebe?

„Nun, es gibt definitiv eine Zeit vor und eine Zeit nach Norwegen", stellt er klar.

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