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Design

Eine neue Designerwelle ist auf dem Vormarsch. Klassische Ikonen werden neu entdeckt. Was haben Blitz, Regenbekleidung, Wolle und Reisepässe gemeinsam? Sie gehören zu den neuen norwegischen Designs, die weltweit auf sich aufmerksam machen.

„Stilvolles Design aus Skandinavien“. Auch wer nicht Form und Funktion zum Frühstück verspeist oder einen ganzen Haufen klassischer Designmagazine abonniert hat, ist mit dieser Phrase irgendwie vertraut.

Der Begriff skandinavisches Design wurde in den 1950er Jahren geprägt. Zu dieser Zeit reisten Designer aus Norwegen und anderen skandinavischen Ländern durch die Welt, um ihre von Minimalismus und Funktionalität beeinflussten Produkte vorzustellen.

Mag sein, dass wir Norweger bei der Vermarktung unserer Designikonen aus der Nachkriegszeit nicht ganz so kompetent oder ehrgeizig wie unsere schwedischen und dänischen Nachbarn waren. Doch das könnte man durchaus als Vorteil werten: Die neue Designergeneration kann sich viel freier ausdrücken, ohne ständig einer Legende gerecht werden zu müssen.

Schon jetzt stoßen viele junge Designer auf internationale Anerkennung. Sie arbeiten mit unterschiedlichen Formaten. Doch sie haben eine gemeinsame Linie: ihre Bereitschaft, zu experimentieren und Risiken einzugehen.

Wo Natur auf Minimalismus trifft

Inspiriert von globalen Trends, arbeiten heute viele norwegische Designer stets mit Blick auf den internationalen Markt. Hierdurch lässt sich ein einheitliches norwegisches Design nur schwer definieren. Von der Natur inspirierte Formen, anmutige Linien und Licht nehmen jedoch fast immer einen wichtigen Platz ein.

Auch die Landschaft, das Wetter und der Lebensstil Norwegens haben die Arbeit zahlreicher Designer geprägt. Es ist sicherlich kein Zufall, dass einige der bekanntesten Bekleidungsmarken sich in den vergangenen Jahren auf Regenmode oder warme Kleidung aus Wolle spezialisiert haben. Sie stellen Kleidung für normale Menschen mit Sinn für Mode her. Luxusbekleidung dagegen wird von norwegischen Modedesignern eher selten entworfen. Oft stehen Lampen und Beleuchtung im Mittelpunkt der Arbeit norwegischer Designer – angesichts langer und dunkler Winter wohl eine naheliegende Wahl.

Außerdem hat Norwegen einen großen öffentlichen Sektor, und einige der spannendsten Designprojekte der letzten Jahre wurden im Auftrag von Behörden aufgeführt. Die von Snøhetta und The Metric System entworfenen neuen Banknoten beispielsweise wurden auf Anhieb zum Klassiker. Genau wie das neue Design des norwegischen Reisepasses, der sich in frischen Farben und mit einfachen Darstellungen der norwegischen Naturlandschaften präsentiert.

Hierzu der Guardian: „Wenn der Reisepass die nationale Identität repräsentiert, hat das neue Design der norwegischen Ausweispapiere den Ruf Norwegens als Land schlichter, minimalistischer Schönheit zweifellos vertieft“.

„Norwegisches Design macht das Leben besser“

Der Norweger Andreas Engesvik glaubt, dass die Dichtkunst ein Design verbessern kann. Er ist ein international bekannter Designer von Möbeln, Geschirr und anderen Gegenständen für eine Vielzahl von Marken, darunter Iittala, Muuto, Fontana Arte, Ligne Roset und Asplund. Sein Atelier befindet sich in der Innenstadt von Oslo.

Was macht norwegisches Design einzigartig?
„Ich denke, norwegisches Design ist irgendwie frei und poetischer als seine skandinavischen Pendants. Außerdem ist es zweifellos in den starken skandinavischen Designtraditionen verwurzelt, die relevanter denn je geworden sind.

Wie spielt norwegisches Design eine internationale Rolle?
„Wir leben in einer Zeit, die sich schnell verändert und die uns auf glückliche Weise zwingt, neu zu denken. Designlösungen aus unserem Teil der Welt gedeihen, um Herausforderungen zu lösen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Oslo eine Arena für Innovation und Design ist.“

Was ist die treibende Kraft des norwegischen Designs?
„Ich denke, dass Design hier von einer gesünderen Art des Konsums herrührt. Ein Trend, der in naher Zukunft dominieren wird.“

Wie macht sich diese Veränderung bemerkbar?
„Mein bester Indikator für diesen Boom im norwegischen Design ist, dass ich manchmal die Übersicht über die vielen Newcomer verliere. Zum ersten Mal seit vielen Jahren gibt es eine starke, schnell wachsende Gemeinschaft norwegischer Designer.“

Wie halten Sie sich auf dem Laufenden?
„Ich gehe gern zu Norway Designs, ein ehrwürdiger, traditioneller Laden mit einer ungewöhnlich gut organisierten Mischung aus Klassikern und handlichen Produkten von neuen Talenten.“

Was war bisher Ihr bester Kauf?
„Nun, vielleicht ist es der Ekstrem-Stuhl, den ich in meinem Haus hatte. Ekstrem, 1972 von Terje Ekstrøm entworfen, ist ein unabhängiges Möbelstück, das mit zahlreichen unvorstellbaren Assoziationen entworfen wurde. Es ist ein wahres Meisterwerk in der Geschichte des norwegischen Designs und macht Spaß.“

Zusammenfassend: Was kann man von norwegischem Design erwarten?
„In erster Linie hat es die Festigkeit, die Funktionalität und die Fähigkeit, Menschen emotional an sich zu binden, bevor es bricht."

Perspektive einer norwegischen Designerin

„Ich denke, norwegische Designer haben ein ausgeprägtes Freiheitsverständnis, wenn es um die Entwicklung neuer Projekte geht. Im Gegensatz zu unseren Nachbarländern gibt es bei uns keine starke heimische Industrie, die als vereinheitlichende und zugleich einschränkende Plattform dienen könnte.

Weil sich viele Designer Partner außerhalb Norwegens suchen, könnte es eine Tendenz geben, dass jeder Designer seine eigenen persönlichen Stärken, Interessen und Ausdrucksformen kultiviert und so den ohnehin schon reichen und breiten Bereich des jungen norwegischen Designs erweitert,“ kommentiert Kristine Five Melvær, preisgekrönte Designerin für Geschirr, Beleuchtung, Möbel, textile Objekte und grafisches Design.

Fröhliche Kleidung und klassische Regenmode

Gibt es in Norwegen zahlreiche Designer, die im oberen Segment des Modespektrums tätig sind. Viele von ihnen werden in den großen Traditionshäusern in Metropolen wie New York, Tokio und Paris verkauft.

Norwegian Rain und Swims sind klassische Marken für Regenbekleidung, während Holzweiler eine ungewöhnliche Schalkollektion aus Cashmere, Seide und Wolle produziert. Die zentrale Rolle der Jahreszeiten in Norwegen wird von der Marke Fall Winter Spring Summer unterstrichen. Diese produziert Damenbekleidung mit der typisch unaufgeregten Ästhetik Skandinaviens, die für eine ausgewogene Balance von Femininität und Maskulinität sorgt.

Die Damenbekleidungs-Marke byTiMo kreiert Vintage-inspirierte Mode während Line of Oslo auf bequeme Kleidung für Frauen mit vielbeschäftigtem Lebensstil setzt.

Johnnylove, ein Label aus Trondheim, ist ein Beispiel dafür, dass sich nicht nur in Oslo spannende Dinge entwickeln.

Design fürs Leben

Die Meisten denken bei „Design“ zuerst an Möbel oder elektronische Produkte. Doch Bildungsinstitute wie die Architektur- und Designhochschule Oslo rücken vermehrt etwas anderes in den Mittelpunkt: die Rolle, die Designer bei der Problemlösung in der Gesellschaft allgemein haben können – sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor.

Was können Designer tun, um Abgase zu reduzieren und zu einer nachhaltigen Gesellschaft beizutragen? Oder um öffentliche Plätze zu bauen, wo Kinder herumlaufen und spielen können, so sie wie sie Lust haben? Ein viel diskutiertes Beispiel hierfür war, als ein Designerteam mit einer Osloer Universitätsklinik zum Thema Krebsdiagnose zusammenarbeitete. Es gelang den Projektteilnehmern, die Wartezeit von zwölf Wochen auf sieben Tage zu reduzieren!

Das Designinstitut an der Architektur- und Designhochschule Oslo gehört inzwischen zu den besten der Welt. Und im norwegischen Zentrum für Design und Architektur (DOGA) können Sie Ausstellungen, Konferenzen und andere Events erleben, die den positiven Einsatz von Design und Architektur fördern.

Supermodel Iselin Steiro über die natürliche Note

Für sein Musikvideo „The Stars are out tonight“ bat David Bowie (1947-2016) Iselin Vollen Steiro, ihn als jungen Mann zu spielen. Im Jahr 2003 erlebte sie einen regelrechten Karriereschub als internationales Supermodel und war plötzlich auf zahlreichen Laufstegen, Magazin-Covers und mehr präsent. In letzter Zeit hat Iselin auch Architektur studiert und ist unter anderem Mitbesitzerin einer norwegischen Modemarke.

Sie wuchs in Harstad, einer farbenfrohen Küstenstadt in Nordnorwegen auf, ist mit dem Schauspieler Anders Danielsen Lie verheiratet und wird von der Modell-Ranking-Website models.com als „Ikone der Industrie“ bezeichnet.

Was ist die Stärke des norwegischen Modedesigns innerhalb der skandinavischen Tradition?
„Es ist sauber, einfach, praktisch und dennoch elegant auf Grund der traditionellen Materialien mit einer reichen Geschichte. Das Design bleibt diesen Materialien treu, ohne dabei auf Innovationen zu verzichten.“

Wie wichtig ist dieses natürliche Gefühl für die Position, die norwegisches Design heute auf internationaler Ebene erreicht hat?
„Ich glaube, die Welt da draußen betrachtet unseren Design-Fußabdruck als natürlich und in gewissem Maße unberührt. Traditionelle Materialien wie Wolle tragen dazu bei, Norwegen und den Rest Skandinaviens als Marke zu stärken. Wolle verfügt über zahlreiche Qualitäten, die vorläufig von High-Tech-Materialien im Bereich Atmungsaktivität, Isolation und Wasserabweisung nachgeahmt werden.“

Iselin Vollen Steiro erwähnt mehrere Newcomer der Szene der immer neuen Designläden Norwegens, darunter das in Oslo ansässige F5 in Øvre Slottsgate 5 mit ausschließlich norwegischer Kleidung, das Studio Bazaar in Louises Gate 21 und das von Rathkes Gate 4 mit seiner geschickten Auswahl an Möbeln und Designobjekten. Wenn diese vorübergehend geschlossen werden sollten, gibt es in der Nachbarschaft andere Läden, die diesen ähnlich sind.

„Lokale Identität ist ein Vorteil für modische Designer, die sich für traditionelle Materialien entscheiden“, erklärt Iselin, die weiterhin besondere Aufträge als Modell und Schauspielerin annehmen und der Mode-Community dabei helfen wird, neue Möglichkeiten zu nutzen.

Norwegische Ikonen – alt und neu

Ende der 1960er Jahre entdeckte Norwegen Öl in der Nordsee. Dies könnte zur Beantwortung der Frage beitragen, warum andere Bereiche der norwegischen Industrie – z. B. Produktdesign – an Bedeutung verloren haben.

Es ist in den vergangenen Jahren jedoch viel unternommen worden, um diesen Umstand zu korrigieren. Eine äußerst erfolgreiche Ausstellung, Norwegian Icons, besuchte Metropolen wie Tokio und New York, um über 500 anspruchsvolle kunstgewerbliche Objekte und Einrichtungsgegenstände zu präsentieren, die zwischen 1940 und 1975 hergestellt wurden. Unter den ausstellenden Designern befanden sich u. a. Torbjørn Afdal, Grete Prytz Kittelsen, Tone Vigeland, Fredrik Kayser und Sven Ivar Dysthe.

Für diejenigen mit Interesse an weiteren modernen Designobjekten aus Norwegen: Einer der bekanntesten Hersteller von heute ist das Unternehmen Northern Lighting, das sich auf das Design und die Fertigung von Leuchten spezialisiert hat – inspiriert von skandinavischer Einfachheit und dem ständig wechselnden Charakter des natürlichen nordischen Lichts.

Viel Spannendes gibt es auch im Glaswerk Hadeland Glassverk zu bewundern. Dieses ist nicht nur für die Schönheit seines mundgeblasenen Glases bekannt. Sondern auch für seine Tradition, die Grenzen der Produktion und des Designs immer wieder herauszufordern und zugleich dieselben Methoden anzuwenden wie vor 250 Jahren.

2015 schrieb die New York Times einen Artikel über norwegische Designertalente. Genannt wurden u. a. Anderssen & Voll, die junge Keramikkünstlerin Victoria Gunzler und die Möbeldesigner Sara Wright PolmarHallgeir Homstvedt, und Runa Klock.

Traditionell waren die meisten berühmten Produktdesigner Männer. Es ist jedoch erfreulich zu beobachten, dass immer mehr weibliche Designer die Welt des Dekors im Sturm erobern. Achten Sie auf die Werke, die von Designerinnen wie Ingrid AspenKristine Bjaadal und Silje Nesdal signiert wurden.

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