Modernes samisches Design
Immer mehr Designer lassen mit großem Stolz ihr samisches Erbe in ihre Entwürfe einfließen. Marken wie Gobmi und LilleLi wollen ihre Kultur teilen – durch Mode und Schmuck, die jeder tragen kann.
In der norwegischen Gemeinschaft der Samen sprudelt es gerade nur so von neuen Ideen und kreativen Funken. Samische Kunst und samisches Design haben internationales Ansehen erlangt, wurden auf prestigeträchtigen Veranstaltungen wie der Biennale in Venedig gezeigt und in angesehenen Modemagazinen wie der Vogue vorgestellt.
Aufstrebende Design- und Bekleidungsmarken werden für ihre innovative, integrative und moderne Einbindung des samischen Erbes in ihre Produkte gefeiert.
Wir haben mit einigen von ihnen gesprochen!
Foto: Embla Augusta Hjort-Larsen
Rückbesinnung auf ihr Erbe
„Wir sind in Alta inmitten der samischen Kultur aufgewachsen, aber es hieß immer, wir seien Norweger und keine Samen. Vor ein paar Jahren hatte ein naher Verwandter einen Schlaganfall und fing plötzlich an, samisch zu sprechen“, erzählt Live Moen Johannessen.
Gemeinsam mit ihrer Schwester Hanna Moen Reinsnes begab sie sich auf eine Reise, um mehr über ihre Identität zu erfahren. Die beiden wollten zudem ihre Kultur im Alltag auf moderne Weise ausdrücken, ohne dabei die traditionelle samische Kleidung zu tragen, die auch als Kofte oder Gákti bekannt ist.
Nach einigen Jahren des Wartens wurde Live und Hanna bewusst, dass es an ihnen selbst lag – und das, obwohl sie keine Erfahrung mit der Gründung eines Modelabels hatten.
So entstand 2021 die moderne samische Bekleidungsmarke Gobmi. Gobmi bedeutet auf Nordsamisch „Geist“ und bezieht sich auf ihr persönliches Erwachen, indem sie einen Geist aus der Vergangenheit zurückholten.
„Wir brauchen modernere Wege, um samisches Design und samische Kultur auszudrücken, die über Souvenirs in Souvenirläden hinausgehen. Wir wollten etwas Konkretes, das unsere Kultur im Alltag weiterleben lässt“, sagen die Schwestern.
Foto: Lucas Gaussen
Eine inklusive Marke
Die Kleidung von Gobmi ist nicht nur für die samische Bevölkerung gedacht.
„Die Idee war, eine inklusive Kleidungsmarke zu schaffen. Wir schätzen die Bedeutung der kulturellen Vielfalt und hoffen, dass sich die Leute damit identifizieren können“, sagen Live und Hanna.
Live ist für die Designs verantwortlich und versucht zwei Quellen der Inspiration zu kombinieren. Einerseits konzentriert sie sich auf eine subtile und ausgewogene Einbindung des samischen Kulturerbes. Andererseits lässt sie sich von der Modeindustrie und der gerade in der Bevölkerung angesagten Mode inspirieren.
Die Schwestern entwerfen urbane Kleidung und wollen damit verschiedene Milieus erreichen.
„Eines unserer ersten Ziele war es, dass die Leute unsere Entwürfe im trendigen Grünerløkka-Viertel in Oslo tragen – und das ist jetzt Wirklichkeit geworden. Es ist so cool, dass auch Leute außerhalb von Sápmi (Kulturraum der Samen) unsere Kleidung tragen“, sagt Hanna.
Die Schwestern wünschen sich, dass ihre universell geformte Kleidung genauso getragen wird wie alle anderen Designs.
Samische Elemente
Die allererste Kollektion von Gobmi erschien im Herbst 2022 und hieß Bearaš, was auf Nordsamisch Familie bedeutet. Alle Artikel tragen Namen wie Eadni (Mama) und Áhčči (Papa).
Eine der charakteristischen Stickereien zeigt eine Frau mit einem Ládjogahppir, einer samischen Hornmütze. Die Mütze wurde Ende des 19. Jahrhunderts verboten, als die Samen der harten Assimilierungspolitik der norwegischen Regierung ausgesetzt waren. Man glaubte, der Teufel wohne im Horn der Mütze.
„Die samische Hornmütze hat eine wirklich coole Geschichte und das Revival erinnert uns an unsere eigene Reise. Wir glauben, dass sich viele Menschen mit dem Kampf, man selbst sein zu dürfen, identifizieren können“, sind die Schwestern überzeugt.
Fokus auf Nachhaltigkeit
Es ist kein Geheimnis, dass die Modeindustrie zu den größten Umweltverschmutzern der Welt gehört. Deshalb beschlossen Live und Hanna, so nachhaltig wie möglich zu arbeiten. Sie setzten als eines der ersten norwegischen Unternehmen die 3D-Technologie für Kleidungsprototypen ein, stellen alles in Europa her und verwenden Rentierleder.
„Für uns war es wichtig, die samische Rentierzucht in unsere Kollektion aufzunehmen. Traditionell verwenden wir das ganze Tier. Leder ist ein Nebenprodukt der Fleischproduktion, es wird also nichts verschwendet“, erklärt Hanna.
Seit der Markteinführung war die positive Unterstützung von Sapmi überwältigend. Außerdem hat das Unternehmen mehrere Preise gewonnen und wurde in der Vogue Scandinavia als aufstrebende Marke vorgestellt, die man kennen sollte.
Die Produkte können online, in Pop-up-Stores oder im Laden Laš Studio in Tromsø gekauft werden.
Foto: Dànil Røkke
Inspiriert von alten Traditionen
„Ich war schon immer kreativ und habe mit der Schmuckherstellung als Hobby begonnen. Erst als ich meine Stücke auf einem Markt in Alta verkauft habe, habe ich gemerkt, dass da mehr drin sein könnte“, sagt Lill-Eli Jørgensen-Dahl.
Lill-Eli ist die Frau hinter der Schmuckmarke LilleLi Smykker, die traditionellen Silberschmuck für den Alltag neu interpretiert.
LilleLi wurde 2015 gegründet und ist jetzt Lill-Elis Vollzeitjob. Sie sah eine Marktlücke und beschloss, historische Designs auf neuen Art und Weise zu verändern.
„Warum sollten wir unseren schönsten Schmuck nicht jeden Tag tragen?“, fragte sich Lill-Eli.
Sie wuchs in Karasjok in der Finnmark auf, lebt und arbeitet jetzt aber in der nahe gelegenen Stadt Alta. Die Designerin sieht in ihrer Umgebung eine große Inspirationsquelle und findet oft Ruhe in den Bergen. Neue Ideen kommen ihr auch beim Entwerfen anderer Stücke.
Foto: Lill-Eli Jørgensen-Dahl
Design für alle und jeden
LilleLis Schmuckstücke sind überwiegend aus vergoldetem 925er-Silber und Sterlingsilber, manchmal verwendet sie auch Steinperlen und Holz.
Silber ist ein wichtiger Teil der samischen Kultur, da man glaubt, dass Silber und andere Metalle vor dem Bösen schützen und Glück bringen. Früher erwarben die Samen Silber durch Handel und gaben ihren Babys Silberamulette zum Schutz.
Heute tragen die Samen oft silberne Accessoires. Die Gákti (die traditionelle samische Kleidung) ist meist mit großen silbernen Broschen, Spangen und Gürtelknöpfen geschmückt.
„Meine Stücke können von absolut jedem getragen werden, unabhängig von Ethnie und Kultur. Die Leute denken oft, dass sie meinen Schmuck nicht verwenden können, weil er dem Silber der Samen und der Bunad (traditionelle norwegische Tracht) ähnelt. Doch meine modernen Designs sind universell und können immer und überall getragen werden“, sagt Lill-Eli.
Ihre Entwürfe sind in der arktischen Stadt Alta, aber auch in vielen Museen, Galerien und Geschäften in Norwegen und Schweden erhältlich. LilleLis Schmuck wurde sogar schon im Britischen Museum in London ausgestellt und verkauft.
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